Mehrere Jugendliche stehen vor einer Eingangstür um eine Videokamera auf einem Stativ herum, eine der Jugendlichen blickt durch den Sucher.

© medien+bildung.com/CC-BY

Medienbildung für Toleranz

Überblick

  • „MEET (Media education for equity and tolerance)“ möchte mittels Medienbildung Toleranz, Inklusion und Solidarität in Schulen fördern.
  • In „MEET“ sind die „Beforschten“ Teil des Forschungsprozesses: 150 SchülerInnen, zwölf Lehrkräfte und sechs KulturvermittlerInnen erarbeiten gemeinsam ein Toolkit für Medienbildung.
  • Das Projekt vernetzt lokale, nationale und internationale AkteurInnen aus den Bereichen Bildung, Medienkompetenz und interkulturelle Beziehungen.

Rassistische Beleidigungen, Diskriminierung oder Hassreden greifen um sich – online und offline. Das EU-Projekt „MEET“, an dem für Österreich die PolitikwissenschafterInnen Birgit Sauer, Benjamin Opratko und Fanny Müller-Uri beteiligt sind, möchte mit einem Toolkit für Lehrende Abhilfe schaffen und eine inklusive Medienbildungspraxis in Schulen fördern.

Im EU-Projekt „MEET“, kurz für „Media education for equity and tolerance“, erarbeiten zehn PartnerInnen aus fünf Ländern – Italien, Deutschland, Slowenien, Belgien und Österreich – Lehrmaterialien, um Themen wie Toleranz, Inklusion und Solidarität mittels Medienbildung in den Klassenraum zu holen. „Es geht darum, politische und kulturelle Themen in den Unterricht zu integrieren – und das unter Zuhilfenahme von Smartphones, Tablets oder Laptops, die die SchülerInnen ohnehin in der Tasche haben“, fasst Politikwissenschafter Benjamin Opratko zusammen, der gemeinsam mit Birgit Sauer und Fanny Müller-Uri (derzeit karenziert) für Österreich beteiligt ist.

Jugendliche und Lehrkräfte werden in einem anwendungsorientierten Forschungsprozess einbezogen, um Methoden der interkulturellen Medienbildung mitzugestalten

Entstanden sind sechs „Lernszenarien“, die bereits in drei Ländern (Italien, Deutschland, Slowenien) getestet wurden und auf der Projektwebsite von „MEET“ als Open Educational Ressource kostenlos heruntergeladen werden können. Das Besondere dabei: KulturmediatorInnen evaluierten die Aktivitäten in einem Action-research-Prozess gemeinsam mit LehrerInnen und rund 150 SchülerInnen im Alter von 13 bis 19 Jahren, um die Instrumente auf die Bedürfnisse in der Praxis abzustimmen. „Bei der Aktionsforschung sind die ‚Beforschten‘ Teil des Forschungsprozesses. In ‚MEET‘ gab die Zusammenarbeit mit SchülerInnen und LehrerInnen Aufschluss darüber, unter welchen Voraussetzungen Inhalte angenommen werden und welche Module funktionieren“, so Benjamin Opratko.

Die Lernszenarien brechen die LehrerInnenautorität auf und die Jugendlichen erkennen, dass auch sie ExpertInnen sind

Wenn die Medienpraxis der jungen Menschen und ihre Expertise im Umgang mit digitalen Medien zum Ausgangspunkt gemacht wird, können die Lehrziele besser vermittelt werden – so ein Ergebnis der Untersuchungen. Dieser Aspekt findet sich in allen Lernszenarien wieder: Zuerst gibt es einen kurzen Input durch die Lehrperson, dann folgt eine Praxisphase unter Verwendung von digitalen Medien, erklärt Opratko.

Ein Beispiel: Im Modul „In my own words“ geht es um politische Kommunikation und Propaganda. Videos von politischen Parteien werden analysiert und der Produktionsprozess wird in der Gruppe reflektiert. Die SchülerInnen sind anschließend angehalten, selbst Videos zu drehen und so zu verstehen, wie Repräsentationen hergestellt werden. „Welchen Einfluss hat die Einstellungsgröße? Wie werden bestimmte Menschen dargestellt? Was wollen die Videos mit mir machen? Wenn diese Fragen im Unterricht gestellt werden, können SchülerInnen die Medienprodukte besser lesen und sind weniger anfällig für Beeinflussung“, so Opratko.

„MEET“ baut auf dem EU-Projekt „E-Engagement Against Violence“ auf. Anders als im Vorgängerprojekt wird in „MEET“ verstärkt die kulturelle und soziale Diversität im Klassenraum berücksichtigt: „Im Projekt arbeiten wir mit Schulen zusammen, in denen viele SchülerInnen selbst auf unterschiedliche Weise von sozialer Ausgrenzung betroffen sind. Die Materialien greifen Themen auf, die im Alltag vieler SchülerInnen eine Rolle spielen, etwa Intoleranz im Bildungssystem oder Diskriminierung.“

Die alltägliche Präsenz der digitalen Medien erfordert ein Umdenken in der Medienbildung – das Forschungsprojekt leitet sich also aus einem ganz konkreten gesellschaftlichen Bedürfnis ab, erklärt Opratko. Ob die neuen Ansätze tatsächlich die Praxis beeinflussen, hängt von mehreren Faktoren ab. „Für die Umsetzung braucht es die – niederschwelligen, aber doch vorhandenen – technischen Voraussetzungen an Schulen sowie die Bereitschaft der Lehrenden, Medien in den Unterricht zu integrieren und projektbasiert zu arbeiten“, räumt der Politikwissenschafter ein: „Darüber hinaus spielt das politische Klima im jeweiligen Land eine Rolle. Wenn eine Regierung selbst zu Diskriminierung beiträgt, wird es schwierig, anti-diskriminierende Unterrichtskonzepte umzusetzen.“

Wir versuchen gezielt, die Stakeholder einzubinden und sie an der Verbreitung zu beteiligen

Das Projektteam von „MEET“ schafft jedoch die nötige Infrastruktur, damit die entwickelten Lernszenarien in die Schulen gelangen – über Videos, insgesamt vier wissenschaftliche Artikel und ein Buch, nationale und internationale Events sowie politische Empfehlungen. Zudem gibt es in jedem Länderteam einen Praxispartner, der im Feld eine Rolle spielt und die Verbreitung der Ergebnisse unterstützt; im Fall Österreich war es die Kinder- und Jugendanwaltschaft Wien.

Gruppenfoto bei der Kooperationsveranstaltung. Gemeinsam mit den deutschen Projektpartnern und Ingrid Brodnig vor der Titelfolie einer Projektion

© Tanja Waculik/Wiener Bildungsserver

Bei einer Kooperationsveranstaltung mit der PH Wien im Juni 2018 holten Benjamin Opratko und Birgit Sauer relevante Stakeholder in Wien an einen Tisch, um über aktuelle Fragen in der Medienbildung zu diskutieren: Dabei waren Katja Friedrich, „MEET“-Projektpartnerin aus Deutschland, Journalistin Ingrid Brodnig, die zum Thema Hass im Netz arbeitet und publiziert, sowie LehrerInnen, MultiplikatorInnen aus dem Bildungsbereich und JugendarbeiterInnen. „Lehrkräfte, politische Verantwortliche und andere relevante AkteurInnen müssen gemeinsam für Medienbildung in der Schule als eine inklusive und partizipatorische Praxis eintreten“, so Opratko. (hm)

Eckdaten zum Projekt

  • Titel: „MEET – Media education for equity and tolerance“
  • Laufzeit: 12/2016 – 01/2019
  • Beteiligte und PartnerInnen: Birgit Sauer, Benjamin Opratko, Fanny Müller-Uri (derzeit karenziert)
  • Institut: Institut für Politikwissenschaft
  • Finanzierung: Programm ERASMUS+ der Europäischen Kommission
  • Kooperationen: University of Florence, MEDIEN+BILDUNG.com, Mirovni Institut, Media Animation, City of Prato, Klicksafe und Jugendschutz, National Education Institute, Wiener Kinder- und Jugendanwaltschaft, Action Media Jeunes

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